heder:LAB zum Thema Personalentwicklung
Moderation und Impuls zum Thema Personalentwicklung beim Wirtschaftsparteitag der CDU Paderborn
Den regelmäßigen Austausch zwischen Wirtschaft, Politik und Gesellschaft praktizieren wir im heder:LAB jeden Tag. Daher freuen wir uns und sind stolz, wenn das heder:LAB an politischer Meinungsbildung partizipieren kann und diese mit unterstützt.
In diesem Kontext war unser Geschäftsführer Martin Holzhausen in den vergangenen Monaten parteiloses Mitglied einer Kommission zur Erarbeitung verschiedener wirtschaftspolitischer Positionen, die im Rahmen eines Wirtschaftsparteitags der CDU Paderborn vorgestellt und diskutiert wurden.
Zusammen mit Dr. Carsten Linnemann moderierte Martin Holzhausen durch die im s.g. „Fishbowl-Format“ organisierte offene Diskussion und leistete den Impuls zum Thema Fachkräfteentwicklung und -bindung im Kreis Paderborn.
Das Redemanuskript zu diesem Thema vom 24.09.2022 findet sich für Interessierte untenstehend.
Branchenperspektive oder Generationssicht - Zwei Sichtweisen
Dem Thema Fachkräftegewinnung können wir uns aus zwei Richtungen nähern: Aus der Branchensicht und aus der Generationenperspektive.
Die Branchensicht beinhaltet, dass wir in Paderborn insbesondere Fachkräfte für die Wertschöpfungsketten der Gesundheitswirtschaft, der wissensintensiven Dienstleistungen und des Maschinenbaus benötigen, wie eine aktuelle Studie im Auftrag der Wirtschaftsförderungsgesellschaft zeigt.
Im Fokus dieses Agendapunktes soll aber die Generationenperspektive stehen und diese bringt mit sich, dass wir insbesondere junge Fachkräfte anziehen und binden müssen. Dies bedingt der demografische Wandel sowie die Erkenntnis, dass Paderborn laut der WFG-Studie maßgeblich durch den Netto-Zuzug in der Altersklasse der 18- bis 30-Jährigen wächst, vorrangig bedingt durch die Universität. Und das eröffnet die naheliegendsten Chancen: Bei den Schülerinnen, Studenten und Auszubildenden zwischen 16 und 30 Jahren die Begeisterung für die Region zu wecken und diese hier zu binden, ist effizienter und zielführender, als primär um die Rückkehr oder den Zuzug aus den Metropolen der Republik in einem späteren Lebensabschnitt zu werben.
Das naheliegendste Potential ist direkt vor der Haustür.
Paderborn Stadt und Kreis können die bestmöglichen Alternativen zu Berlin, Hamburg und München sein.
Diese Altersklasse, die Paderborn wachsen lässt und gleichzeitig auf den Arbeitsmarkt kommt, ist die der Generation Y und Z. Und das in einer Zeit, in der eine Krise auf die nächste folgt und wir in zunehmender Ungewissheit sowie Aufhebung gültig geglaubter Prinzipien agieren.
Meine Damen und Herren, ich bin davon überzeugt, dass es unternehmerischer Kompetenzen bedarf, um Lösungen für die vielfältigen Fragen und Herausforderungen dieser Zeit zu entwickeln.
Die nachhaltige, verantwortungsbewusste Lösung von Problemen macht unternehmerisches Denken und Handeln im Kern aus. Menschen, denen wir diese Kompetenzen zuschreiben, zeichnen sich dadurch aus, dass sie hinterfragen, dass sie Bedürfnisse analysieren, nach neuen Möglichkeiten suchen, dass sie mit Fachkompetenz an Lösungen wertschöpfend arbeiten und diese entwickeln. Sie führen eine positive, zukunftsgerichtete Veränderung herbei.
Ich bin davon überzeugt, dass es unternehmerische Kompetenzen braucht.
Und ich bin davon überzeugt, dass die Generation Y und Z diese Kompetenzen erwerben, ausbauen und einsetzen möchte. Wovon ich NICHT überzeugt bin, dass die Kompetenzen strukturiert und flächendeckend in Ausbildung und Berufsleben gefördert werden.
Neue Chancen für Politik und Unternehmen.
Fangen wir im Bildungs-Lebenslauf bei der Schule an:
Die Kompetenz, selbstständig ggf. neu erkannte Probleme zu lösen, ist nicht Teil unseres Schulcurriculums. Und das Curriculum befähigt uns auch derzeit nicht mittelbar dazu.
Zukunftsorientiertes Lernen steht derzeit noch im Kontrast zu fachorientierten Zentralprüfungen: Am Ende dürfen Programmierkompetenzen in Phython, Angular und Co. nicht das neue Deutsch, Geschichte oder Physik werden sondern sollten in Anwendungsfällen gedacht werden. Die beispielhafte Vision: Mathe, Statistik, Python, R und Tableau verschmelzen im „Fach“ Data Science und lösen praxisnah Anforderungen der Datenanalyse und -visualisierung rund um Fragenstellungen aus der Wirtschaft, Stadtentwicklung oder Klimapolitik. Dies ist nur ein Beispiel, ergänzen lässt sich das durch Projektwochen mit Kreativitätstechniken, handwerklichen Grundlagen, etc. Die angesprochenen Fragestellungen, an denen Schülerinnen und Schüler arbeiten, in Verknüpfung mit Kooperationen zwischen Schule und Unternehmen und Handwerksbetrieben ermöglichen dabei schon den frühzeitigen Kontakt zwischen Arbeitgebern und potenziellen Auszubildenden, Dualen Studierenden oder Praktikanten zu einem Zeitpunkt, wenn sich die Meinung über bestimmte Berufsgruppen bildet und verstetigt. Die Schulpolitik muss an dieser Stelle dafür sorgen, dass Raum im Lernplan für neue Lernformate gemeinsam mit Unternehmen aus der Praxis existiert, Praxisprojekte in die Bewertung einfließen können und die zeitlichen Strukturen der 45 Minuten-Unterrichtsstunde, übrigens ein Relikt der Preußischen Schulreform von 1911, gelöst werden.
Startup-Förderung ist Fachkräftegewinnung für die Region.
Während der Ausbildung oder des Studiums erhalten Startup-Zentren wie die Founders Foundation oder garage33 großen Zulauf, die Zahl der Gründungsvorhaben stieg in den letzten Jahren kontinuierlich und letztendlich ist eine Perspektive der Startup-Förderung auch die Fachkräftebindung/-gewinnung: Aus 10 gestarteten Startups entstehen im B2B-Bereich ca. 2 erfolgreiche Unternehmen nach ca. 7 Jahren. Die erfolgreichen Startups steigern die Wirtschaftskraft, die nicht erfolgreichen Startups geben auch qualifizierte Mitarbeitende wieder frei. Ein Teil gründet selbst/nochmal, ein Teil geht in andere Startups und ein Teil geht in den etablierten Mittelstand vor Ort, ein Teil zieht weg. Was viele der GenY und GenZ in diesem Segment eint: Sie wären ohne das performante und selbstverwirklichende Image der Startup-Szene nicht in der Region geblieben, deswegen ist Startup-Förderung auch unter dem Aspekt des Standortmarketings zu sehen. Bisher gibt es das federführend in der Stadt Paderborn, der Transfer in den Kreis ist in Salzkotten die positive Ausnahme.
Hier kann die Politik mittelbar über die Wirtschaftsförderung agieren und die Vernetzung der Startups aus der Stadt mit den Unternehmen im Kreis initiieren: Geringerer Bedarf an Büroflächen in Folge des verstärkten Home Office dafür nutzen, um Büro-Patenschaften für junge Unternehmen anzubieten. So beherbergt bspw. ein Unternehmen in 4 Büros zwei Startups aus Paderborn, Bielefeld, Lippstadt etc., die Startups haben nicht den Aufwand mit Standortsuche, unflexiblen Mietverhältnissen oder Auflagen rund um Arbeitsplatzsicherheit, etc. & profitieren von den Erfahrungen, während die Unternehmen frühzeitig Zugang zu den für sie spannenden Startups haben, ob unter Aussicht auf Beteiligungen, Wissenstransfer oder Mitarbeitergewinnung im Falle des Nichterfolgs des Startups.
Die Möglichkeiten der Politik an dieser Stelle: für solche Modelle werben, durch Förderungen Anreize setzen und die Mobilität zwischen Stadt und Land sicherstellen, damit Fachkräfte einfach aus den Ballungsgebieten/Hubs zu den regionalen Standorten kommen.
Einbindung der Mitarbeitenden zur Personal- und Unternehmensentwicklung.
Nicht jede Studentin oder Auszubildender geht in die Gründung und grade diese sind unmittelbar am Arbeitsmarkt begehrt, doch kennen sie meistens nicht die wirtschaftliche Vielfalt der gesamten Region:
Meine These als Zugezogener: Paderborn und Umland muss man erleben, um das Potential kennenzulernen und sich auch dafür zu entscheiden. Das funktioniert NICHT über Stellenausschreibungen und Bewerbungsgespräche oder Standard-Imagevideos. Die praxisorientierte und fachliche Lösung sind Hackathons und Makerthons an zentralen Orten unter Beteiligung attraktiver Unternehmen. Eine dieser Möglichkeiten nach dem Vorbild von BieGreen City Hack oder Hinterland Hack in Bielefeld könnte der PAD SkyHack zu Themen rund um die Luftfahrt von Morgen oder der PAD Sustainability Hackathon zur Adressierung von Themen rund um Nachhaltigkeit und Kreislaufwirtschaft im Kreis Paderborn sein. Die politische Perspektive: Seien sie die Initiatoren. Die Konzeption von solchen Formaten mit Strahlkraft ist letztendlich Wirtschaftsförderung, kreisweit.
Gewonnene Fachkräfte zu binden kann mit der gleichen Absicht zur Förderung unternehmerischen Denken und Handelns erfolgen, wie die ersten Ansätze zeigen sollten. Unter dem Stichwort Intrapreneurship lässt sich die strukturierte Beteiligung von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern an der Unternehmensentwicklung beschreiben.
Mitarbeiter:innen haben ausgewiesene Fachexpertise, wissen um die Stärken und Kapazitäten des Unternehmens, sind nah dran an Kundenanforderungen und Marktentwicklungen. Es gibt eine Zahl von Mitarbeiter:innen, die mit ihrem Wissen und ihren Fähigkeiten den Schritt in die Gründung eines eigenen Unternehmens gehen könnten, dies aber nicht tun, weil ihnen u.a. die Sicherheit des Angestelltenverhältnisses vor dem Hintergrund von finanzierten Eigenheimen, im Studium finanziell unterstützten Kindern etc. wichtig ist. Diese Mitarbeiter:innen könnten im Angestelltenverhältnis einfach das Unternehmen wechseln, bieten aber großes Potential zu Unternehmer:innen im Unternehmen entwickelt zu werden und sich längerfristig an das Unternehmen zu binden, frei nach dem Motto: Nicht das Unternehmen von heute verwalten, sondern das Unternehmen von Morgen gestalten. Wenn sich Unternehmen für solche Formate entscheiden, sollte die Politik die Rahmenbedingungen dafür setzen und flexible Arbeitszeitmodelle ermöglichen, einfache Regulierung der Beteiligung von Mitarbeiter:innen an Ausgründungen im Zuge von Intrapreneurshipprogrammen ermöglichen und die Dry Income Besteuerung aussetzen.
Gesteigerte Motivation durch Beteiligung.
Allen Ansätzen zur Fachkräftegewinnung und -bindung ist gemein, dass ich davon überzeugt bin, dass Beteiligung an der nachhaltigen und zukunftsorientierten Entwicklung von Unternehmen die grundlegende Motivation der jungen Generation bei der Wahl ihres Arbeitsortes ist.
Als Region funktioniert es nur, wenn Wirtschaft und Politik diese Motivation aufgreifen und unterstützen. Die Wirtschaft, die die genannten Formate für sich entdeckt und nutzt, die Politik, die die Rahmenbedingungen setzt.
Also:
1) Für die talentierten Fachkräfte von morgen bedeutet zukunftsorientiertes Lernen neue Lerninhalte, Lernformate und Lernzeiten, nah an Wirtschaft und Handwerk.
2) Startup-Förderung ist Fachkräfteentwicklung.
3) Hackathons und Makerthons machen Unternehmen und Themen sowie die Region erlebbar und können eine Strahlkraft bis in die Metropolregionen entwickeln.
4) Das Thema Intrapreneurship schafft Beteiligung der motivierten Fachkräfte an der Weiterentwicklung der Unternehmen.