Sprunginnovationen – Die Makrolösungen
Sprunginnovation war einer der Begriffe, die bei unserem heder:TALK Anfang Juni mit Roland Damann und Dr. Carsten Linnemann für neugierige Nachfragen sorgten. Was ist eine Sprunginnovation, warum ist sie wichtig und warum haben wir im Mittelstand damit vielleicht im Alltag noch zu wenig zu tun.
Sprunginnovation charakterisiert ihr grundlegendes Veränderungspotential für existierende Märkte oder die Möglichkeit, einen gänzlichen neuen Markt zu erschaffen. Basis dafür ist, dass sie bedeutende technologische, gesellschaftlich-soziale oder ökologische Probleme lösen. In der Vergangenheit waren Smartphone, MP3-Format oder mRNA-basierte Corona-Impfstoffe einige Beispiele für solche Sprunginnovationen.
Mit einem Podcast fing alles an.
Roland Damann arbeitet an einer solchen Sprunginnovation. Angefangen hat es mit einem Podcast, in dem der Chef der Bundesagentur für Sprunginnovationen – SPRIN-D – Rafael Laguna über das Prinzip und Potential solcher Innovationen berichtete. Am nächsten Tag reichte Roland Damann seine Idee und Konzept zur Diskussion ein. Heute arbeitet er mit seinem Unternehmen microbubbles GmbH an der Umsetzung einer neuen Sprunginnovation. Das ökologische und gleichzeitig gesellschaftliche Problem: Zuviel Mikroplastik in Gewässern rund um den Globus und somit eine Gefahr für die Wasserqualität und Wasserversorgung als Lebensgrundlage von Millionen von Menschen.
Oberflächenwasser und fließende Gewässer transportieren den Großteil des Mikroplastik in unser Ökosystem. Roland Damann setzt mit seinem Team an dieser Stelle an, forscht und entwickelt eine Lösung, wie das Mikroplastik in großem Umfang gesammelt und aus dem Wasser entfernt werden kann. Die Plastikpartikel sind dabei mehrheitlich kleiner als 5 Millimeter, da sie durch Abrieb in immer kleinere Teile zerfallen, gleichzeitig aber nicht biologisch abbaubar sind. Die Sprunginnovation für dieses Problem heißt MicroBubble Cloud®.
Autonome Mikroflotationssysteme sammeln aus fließenden Gewässern das Mikroplastik und entfernen es aus dem Ökosystem. Dies erfolgt rein physikalisch ohne chemische Prozesse und bietet gleichzeitig das Skalierungspotential um eine richtige Makrolösung für das Mikroplastikproblem zu werden.
Sprunginnovationen sind also im positiven Sinne radikale Innovationen. Sie zeichnet aus, dass sie mit neuen Technologien ein globales Problem lösen. Die Größe des neuen Marktes und das notwendige Skalierungspotential der Lösung, diesen auch zu erschließen sind die zusätzlichen Kriterien für eine solche Innovation, die sie in Summe auch gleichzeitig noch seltener machen als häufig benannte disruptive Innovationen.
Mittelstand häufig im Bereich der inkrementellen oder architektonischen Innovationen gut aufgestellt.
Mitunter bedingt durch herausfordernde Zeiten während der Corona-Pandemie oder des Ukraine-Krieges und verbundener Lieferketten-Probleme, Inflation und allgemeiner Ungewissheit, fokussieren sich mittelständische Unternehmen verstärkt auf die Absicherung und Optimierung des Kerngeschäftes statt aktiv Innovationen als Ziel zu definieren.
Trotzdem gelingt es u.a. durch die aktive Einbindung der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter inkrementelle oder architektonische Innovationen zu fördern.
Inkrementelle Innovationen sind faktisch Weiterentwicklungen von bestehenden Technologien und Angeboten. Durch Verfeinerung oder Erweiterung entstehen neue Funktionen, die aber auf der grundlegenden Technologie beruhen.
Architektonische Innovationen zielen dabei auf neue Märkte ab, indem sie bestehende Technologien neue kombinieren oder neue Anwendungsfälle abdecken. Smartphone und Smartwatch stehen beispielsweise in einem solchen Verhältnis architektonischer Innovation. Ein weiteres Beispiel ist auch die mit Hilfe der heder:LAB Innovation Box entwickelte Lösung MediBan® der Firma tagItron. Näheres dazu gibt’s übrigens hier.
Radikale Innovationen also besser als inkrementelle Innovationen?
Es geht bei dieser Frage weniger um besser oder schlechter, vielmehr um den Grad des Veränderungspotentials. Die Welt braucht in der Regel beides. Konstante Weiterentwicklung bestehender Prozesse und Produkte angepasst an den Bedarf der jeweiligen Zielgruppe und radikale Lösungen für bislang noch nicht bewältigte Probleme und Herausforderungen. Energieversorgung, Klimawandel, Mobilitätswende oder gesellschaftliches Ungleichgewicht bieten genügend Raum für radikale Lösungskonzepte zur Erprobung.
Da klingt es schon abgedroschen, wenn man mit Blick auf die unterschiedlichen Innovationsformen sagt: Das eine tun ohne das andere zu lassen. Innovation im Kerngeschäft sichert heute und morgen Arbeitsplätze, befriedigt die aktuelle Marktnachfrage und sollte idealerweise die wirtschaftliche Grundlage schaffen, sich mit radikaleren Innovationen für das Übermorgen zu beschäftigen. An der Ambition, dies nicht nur zu wollen, sondern auch zu tun, sollte es nicht scheitern.