Interview Intrapreneurship Martin Holzhausen

Intrapreneurship – Die unternehmensinterne Innovationsarbeit

Digitalisierung, Nachhaltigkeit, Fachkräftemangel, geopolitische Krisen. Um die Herausforderungen unserer Zeit zu begegnen, befinden sich Organisationen in der Transformation. Sie arbeiten daran ihre Innovations- und Wettbewerbsfähigkeit zu sichern und setzen dabei zunehmend auf Intrapreneurship-Maßnahmen. In diesem Kontext hat unser heder:LAB-Geschäftsführer Martin Holzhausen der Deutschen Gesellschaft für Projektmanagement ein Interview gegeben und seine Perspektive aus der praktischen Umsetzung von Intrapreneurship-Aktivitäten mitgeteilt.

Das Interview führte Guénola Langenberg und ist zuerst erschienen auf www.gpm-blog.de.

Martin, was verstehst Du unter Intrapreneurship?

Intrapreneurship zielt auf die Aktivierung und Einbindung der Mitarbeitenden in die unternehmensinterne Innovationsarbeit. Kürzere Produktlebenszyklen, schneller technologischer Fortschritt und ein sich rasant wandelndes Marktumfeld verlangen nach effizienten und effektiven Innovationsprozessen. Intrapreneurship verbindet die fachliche Expertise, praktische Erfahrung und Motivation der Mitarbeitenden auf der persönlichen Ebene mit agilen und iterativen Strukturen und Prozessen auf der organisatorischen Ebene. So gelingt es, Produkt-, Prozess oder Geschäftsmodellinnovationen zu realisieren und dadurch die Zukunftsfähigkeit des Unternehmens nachhaltig zu stärken.

Was sind die Erfolgsfaktoren für die Umsetzung von Intrapreneurship in einer Organisation? Was macht den Erfolg aus?

Folge ich meinem Verständnis zu Intrapreneurship und der verbundenen Zielsetzung in Form von Produkt-, Prozess- oder Geschäftsmodellinnovationen, definiert sich der Erfolg durch deren Realisierung und folglich entstehender Potentiale zur Umsatzsteigerung oder Erschließung neuer strategisch relevanter Geschäftsfelder. Im Innenverhältnis ist Kostensenkung durch Prozessinnovationen ein nicht minder zu beachtender Mehrwert, der für das Unternehmen entstehen kann.

Hinzu kommt die nicht zu vernachlässigende Komponente der Personalentwicklung. Fördert ein Unternehmen den Intrapreneurship-Ansatz nachhaltig, steigert es auch die Neigung seiner Mitarbeitenden zu Innovationen, persönlicher Initiative, dem zukunftsgerichteten und strukturierten In-Frage-Stellen des Status-Quo. Das resultiert in der Konsequenz in der gesteigerten Leistungsfähigkeit der eigenen Organisation auf Fortschritt und Veränderung zu reagieren.

Fördernde Faktoren sind dabei in der Führungs- und Unternehmenskultur, der Organisationsstruktur als auch der Zusammensetzung von Teams zu etablieren.

So ist es hilfreich, wenn die Beteiligung von Mitarbeitenden zum unternehmerischen Selbstverständnis gehört, Eigeninitiative gefördert und mit einem wertschätzenden Feedback begegnet wird sowie unternehmensstrategischen Leitplanken transparent kommuniziert werden.

Auf der organisatorischen Ebene sollte grundsätzlich die Perspektive bestehen, aus Intrapreneurship-Aktivitäten hervorgehende Produkte und Geschäftsmodelle im Positivfall konsequent entweder innerhalb des Unternehmens oder als Ausgründung fortführen zu können. Dazu gehören in allen Phasen genügend Ressourcen, d.h. Zeit für die Mitarbeitenden, eine finanzielle Ausstattung zum Bau von Prototypen, Kapazitäten für Validierungs- und Pilotierungsmaßnahmen innerhalb des Unternehmens. Zudem helfen räumliche und begleitende Strukturen außerhalb des etablierten Unternehmens, um fokussiert an neuen Themen arbeiten zu können.

Die Teams empfiehlt es sich interdisziplinar und hinsichtlich ihrer persönlichen Fähigkeiten umsetzungsorientiert zusammenzustellen.

Wie bist Du zu dem Thema gekommen? Was ist Deine Motivation? Warum brennst Du für das Thema Intrapreneurship?

Intrapreneurship ist eine von drei Säulen unserer Tätigkeit im heder:LAB in Salzkotten in Ostwestfalen. Kurz zum Kontext: Salzkotten ist ein typisches deutsches Mittelzentrum, knapp 25.000 Einwohnerinnen und Einwohner. Aufgrund umsichtiger Wirtschaftspolitik der letzten Jahre ist es auch Heimat zahlreicher, vielfach auch produzierender Mittelständler, primär in der Größenordnung bis ca. 100 Mitarbeitende. Rund 10 dieser Unternehmen leisten sich mit dem heder:LAB ein Innovationsquartier im Konsortium. Kurz: Was bei großen Konzernen eine Innovationsabteilung macht, wird hier im branchenübergreifenden Konsortium bewältigt.

Intrapreneurship für die interne Innovationsarbeit, StartUp-Scouting und -Vernetzung mit dem Ziel von Validierungs- und Pilotierungspartnerschaften als Grundlage externer Innovationsarbeit. Zudem organisieren und moderieren wir verschiedene Veranstaltungsformate zur Bildung und Stärkung innovativer Milieus insbesondere im regionalen Kontext.

In der Zusammenarbeit mit den mittelständischen Unternehmen zeigt sich dabei immer wieder die besonders ausgeprägte Kompetenz im Kerngeschäft. Ebenso ihr Verantwortungsbewusstsein für Mitarbeitende und den Standort selbst. Beides ist Grundlage für das zukunftsgerichtete Arbeiten, vielfach auch als Generationendenken beschrieben.

Intrapreneurship ist dabei letztlich nur die Konsequenz aus diesem Selbstverständnis: Zusammen mit den Mitarbeitenden am eigenen Standort und mit Wissen um die eigenen Fähigkeiten, Kapazitäten aber auch Verbesserungspotentiale die zukünftige unternehmerische Tätigkeit nachhaltig zu sichern und auszubauen.

Umgesetzte Konzepte und erzielte Erfolge sind dann die unmittelbare Motivation für Unternehmen und Mitarbeitende.

Unsere Hypothese lautet „Mitarbeitende mit Projektmanagement Know-how und Skills sind erfolgreiche Intrapreneure/Intrapreneurinnen“. Siehst Du Schnittmengen zwischen PM und Intrapreneurship? Wenn ja, wo? Wenn nein, warum nicht?

Die Frage ist für mich erstmal, welche Charakteristika erfolgreiche Intrapreneure auszeichnen um dann die Parallele zum Projektmanagement zu ziehen.

Ich beobachte, dass Intrapreneure aus einer gewissen Eigeninitiative heraus unternehmerisch handeln, d.h. sie arbeiten wertschöpfungsorientiert und hinterfragen Prozesse und bestehende Angebote dahingehend. Zudem sind sie tendenziell selbstbewusst und motiviert, Führung zu übernehmen, sei es fachlich oder personell.

Ich nehme sie als neugierig und positiv denkend wahr. Unser unternehmensübergreifender Ansatz im heder:LAB zeigt auch ein gewisses Bewusstsein für die Vorteile, die man aus einem Netzwerk ziehen kann. Die Suche nach Netzwerkeffekten und Synergiepotentialen zeichnet sie meiner Meinung nach ebenso aus, wie das Bewusstsein für die eigenen unternehmerischen Stärken und Schwächen.

Sie scheuen sich nicht davor explorativ vorzugehen, handeln dabei aber zielorientiert. Bei Entscheidungen nehme ich sie tendenziell risikoaffiner wahr.

Alter und Geschlecht spielen dabei eine untergeordnete Rolle. Tendenziell interessieren sich jüngere Mitarbeitende schneller für das Thema Intrapreneurship.

Hinsichtlich der Schnittmenge zum Projektmanagement denke ich, dass sich viele Mitarbeitende aus dem Projektmanagement in dieser Charakterisierung tendenziell wiederfinden. Der wesentliche Unterschied liegt für mich jedoch in der unterschiedlichen Zielsetzung: Während Intrapreneurship im Detail noch unbekannte Innovation fördern soll und damit zusammenhängend in einem auch von Unsicherheit und Risiko geprägten Umfeld agiert, geht es nach meinem Verständnis im Projektmanagement insbesondere um die zuverlässige Sicherstellung der definierten Zielerreichung hinsichtlich materieller und personeller Ressourcen. Dieser Planungsaspekt ist beim Projektmanagement ein Qualitätsmerkmal, bei Intrapreneurship-Aktivitäten aber eher limitierender Faktor hinsichtlich des potenziell erreichbaren Innovationsgrades.

Worauf möchtest Du aufmerksam machen, was noch nicht besprochen wurde?

Intrapreneurship kombiniert für mich, auf eindrucksvolle Art und Weise, die Stärken zweier Welten. Die Fachexpertise der Mitarbeitenden und die Kapazitäten des Mittelstands, seien es Produktionsmöglichkeiten oder etablierte Lieferanten- und Kundenbeziehungen auf der einen Seite, und die auf kurze Validierungszyklen, Lerneffekte, effizienten Ressourceneinsatz und schnellen Markteintritt ausgerichteten Methoden und Denkmuster der StartUp-Welt auf der anderen Seite.

Beides zusammengenommen kann Wettbewerbsvorteile realisieren.

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